Testamentsfälscher-Prozess: Wieder mit Ratz

In der ersten Verhandlungsrunde im neuen Testamentsfälscher-Prozess gegen fünf Angeklagte kam am Mittwoch neuerlich die angeklagte Richterin Kornelia Ratz zu Wort. Diesmal ging es um das Faktum zur Erbschaft „Anna Isele“.

Damals, nach dem Tod von Anna Isele bekam eine besachwaltete, fast sterbenskranke Frau durch ein gefälschtes Testament die Erbschaft. Nach Aussagen des Hauptangeklagten war sie eine Zwischenstation, um die Erbschaft umzuleiten. Weil Ratz mit Isele entfernt verwandt war, stellte Richterin Christina Rott laut die Überlegung in den Raum, wie das wohl wäre, wenn Ratz die Fälschung zwar bemerkt, auf Ersuchen der Fälscher dazu aber nichts gesagt hat - mit dem Versprechen, beim nächsten mal werde sie etwas erben?

Kornelia Ratz

ORF/Michael Hufnagl

Ratz: „Habe nichts von Fälschung geahnt“

Die angeklagte Richterin Kornelia Ratz entgegnete, sie habe nicht geahnt, dass es sich bei dem Isele-Testament um eine Fälschung gehandelt habe. Sie habe das Testament auch nie gesehen. Ratz hatte sich im Fall Isele nachträglich in die Abwicklung der Verlassenschaft eingemischt. Laut Anklage soll sie ihrer Verwandtschaft geraten haben, das Isele-Testament nicht anzufechten. Ratz hatte stattdessen eine Schenkung auf den Todesfall angeregt. Das heißt, nach dem Tode der dementen, besachwalteten Frau sollte die Erbschaft neu aufgeteilt werden.

Richterin Christina Rott sprach von einer sehr bedenklichen Abwicklung dieser Verlassenschaft. Es sei eigenartig, warum und wie Ratz dabei mitgewirkt habe. Rott sagte, sie hätte es sicher nicht so abgewickelt und sie habe sich sehr gewundert, als sie von dieser Vorgehensweise gelesen habe. Ratz bat während der Befragung mehrfach um Nachsicht, sie könne sich heute so schwer konzentrieren. Ihre Befragung und somit die erste Runde im neu aufgelegten Prozess wurde kurz vor 16 Uhr am Mittwoch beendet.

Wie die zweite Runde am Montag begann

Der Hauptangeklagte ist geständig. Ein Freund gibt zu, beim Umleiten der Erbschaften geholfen zu haben. Zwei Gerichtskollegen des Hauptangeklagten bestreiten allerdings die Vorwürfe weiterhin, genauso wie die angeklagte Richterin Kornelia Ratz. Ratz soll ein gefälschtes Testament durch einen Anruf beim Bezirksgericht Dornbirn in Auftrag gegeben haben. Eine Zeugin sagte bereits im letzten Verfahren vor zwei Jahren aus, sie habe damals gehört, wie der Hauptangeklagte zu einem Mitangeklagten gesagt habe: „Die Ratz hat angerufen“.

Jener angeklagte Gerichtsmitarbeiter, dem dies zugeflüstert worden sein soll, hat das am Mittwoch bestritten. Das Ganze sei nie so passiert, so der Zeuge.

Top-Technologie im Gerichtssaal

Im Gerichtsverfahren in Salzburg bedient man sich einer top-modernen Technologie. Am Dienstag wurde das Telefonat eingespielt, mit dem die angeklagte Richterin Kornelia Ratz, den Bruder des Hauptangeklagten unter Druck gesetzt haben soll. Ein TV-Interview wurde auf Großbildleinwand eingespielt, das Ratz im Februar 2010 dem ORF gegeben hatte. Immer wieder wurden alte Dokumente, etwa gefälschte Testamente und Registerauszüge schnell und unkompliziert, für alle gut sichtbar, auf Monitore im Saal projiziert.

75-jähriger Angeklagter bestreitet Vorwürfe

Am Mittwoch ging es um ein weiteres gefälschtes Testament. Jenes nämlich, durch das vor allem ein 75-jähriger ehemaliger Gerichtskollege des Hauptbeschuldigten belastet wird. Hier änderte Staatsanwalt Manfred Bolter vor zwei Tagen die Anklage. Sie lautet nicht mehr auf Amtsmissbrauch, sondern auf Betrug.

Der 75-jährige Angeklagte meinte eingangs lapidar: „Mir ist wurscht, worauf die Anklage lautet“. Er habe, so der Angeklagte weiter, mit der Sache ohnehin nichts zu tun. Hätte er fälschen wollen, hätte er dies alleine können, so der Angeklagte. Warum sollte er also mit dem geständigen Fälscher zusammengearbeitet haben? Kein Mensch bei Gericht habe gewusst, dass in den eigenen Reihen ein Fälscher sitze. Die Wortwahl des 75-Jährigen sei - wie ein Anwalt anmerkte - jener in diesem gefälschten Testament sehr ähnlich gewesen.

Menschliche Dimension der Affäre

Die Erblasser, die sich die Fälscher für ein falsches Testament ausgesucht hatten, waren oft Einzelgänger und alleinstehende Personen. Wenn deren Lebenslauf vor Gericht nachgezeichnet wird, zeigt sich, um welche gescheiterte Existenzen es dabei manchmal ging - etwa um Alkoholiker oder um Menschen mit Behinderungen. „Dann menschelt es im Gerichtssaal“, so ORF-Reporter Georg Fabjan.

Fachkundiger Beobachter zur Prozessführung

Der Prozess wird unter anderem vom Vorarlberger Rechtsanwalt Hans Widerin beobachtet. Der pensionierte Bludenzer Anwalt - er ist mit Richterin Kornelia Ratz befreundet - lobt einerseits die Prozessführung von Christina Rott, andererseits vermutet er einen möglicherweise folgenschweren Prozessfehler. Die Richterin sei gut vorbereitet auf das Verfahren, so Widerin, sie kenne den Akt sehr gut und auch die Prozessordnung.

Sie habe sich aber möglicherweise einen kleinen Schnitzer geleistet, vor der Verhandlung am Mittwoch, indem sie gleichsam in einem Privatissimum mit den Schöffen gesprochen habe - offenbar in bester Absicht, sie zu informieren über die Faktenlage.

Aber eine solche Information sei nicht vorgesehen in der Strafprozessordnung. Das könnte unter Umständen eine Nichtigkeit verursachen, meint Widerin. Wenn sie geltend gemacht werde und der OGH sehe die Sache auch so, dann drohe erneut eine Wiederholung des Prozesses. Dass auch das bevorstehende Urteil von den Angeklagten bekämpft wird, ist aber ohnehin zu erwarten.

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