Testamentsaffäre vor OGH-Entscheidung

Am 7. Oktober entscheidet der Oberste Gerichtshof, ob die Schuldsprüche in der Testamentsaffäre rechtskräftig werden. Experten halten es für wahrscheinlich, dass die Höhe der Haftstrafen bei einigen Verurteilten noch nach oben korrigiert wird.

Vor mittlerweile fast vier Jahren ist die Testamentsaffäre am Bezirksgericht Dornbirn aufgeflogen. Vor mehr als einem Jahr sind in Salzburg alle zehn Angeklagten - in erster Instanz - von Richter Andreas Posch schuldig gesprochen und zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die spannende Frage lautet jetzt: Bestätigt der Oberste Gerichtshof in Wien die Strafurteile in erster Instanz, oder werden die Urteile doch noch gekippt. Der öffentliche Gerichtstag, an dem das entschieden wird, ist am 7. Oktober.

Wahrscheinlicher als ein Kippen der erstinstanzlichen Urteile ist laut Experten, dass sie bestätigt oder nach oben korrigiert werden.

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Beitrag von Gernot Hämmerle

Gerichtstag ist keine Neuverhandlung

Der öffentliche Gerichtstag ist keine Neuverhandlung. Es werden also keine neuen Zeugen einvernommen. Zu Beginn wird vorgetragen, was bislang alles passiert ist und wie die Strafurteile in erster Instanz begründet sind. Dann kommt die Generalprokuratur ins Spiel. Sie ist sozusagen der Rechtsanwalt der Republik. Die Generalprokuratur gibt dann eine ausführliche Stellungnahme zu den Urteilen in erster Instanz ab. In Wirklichkeit ist es mehr als nur eine Stellungnahme. Denn die Erfahrung zeigt, dass der Oberste Gerichtshof in ca. 80 Prozent der Fälle so entscheidet, wie das die Generalprokuratur vorschlägt.

Nach den kurzen Plädoyers der Strafverteidiger zieht sich dann der Fünfersenat des Obersten Gerichtshofes zur Beratung zurück und gibt danach die Entscheidung bekannt.

Strafen könnten erhöht werden

Eine Möglichkeit wäre, dass der OGH die in erster Instanz gefällten Urteile in vollem Umfang bestätigt. Dann wären alle Urteile, also auch die Haftstrafen für die Hauptangeklagten, rechtskräftig. Das wären sieben Jahre für den Hauptangeklagten Jürgen H. sowie zweieinhalb Jahre teilbedingt für die Richterin Kornelia Ratz.

Die zweite Möglichkeit ist, dass zwar die Urteile an sich bestätigt werden, dass aber die Höhe der Strafen noch korrigiert wird. Dass die Strafen milder werden ist sehr selten, in den meisten Fällen werden die Strafen erhöht. Diese Neufestlegung der Strafhöhen könnte der OGH auch an das Oberlandesgericht Linz delegieren.

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Gernot Hämmerle in V heute

Neuverhandlung nicht wahrscheinlich

Es kann theoretisch auch sein, dass der OGH Nichtigkeiten oder Mängel im erstinstanzlichen Urteil feststellt. Dass dann aber alles neu verhandelt wird, ist praktisch nicht vorstellbar. Im gesamten Prozess wurden 18 Fälle von Testamentsfälschungen behandelt, die alle in irgendeiner Form zusammen hängen. Die Generalprokuratur hat in einer schriftlichen Stellungnahme im Vorfeld empfohlen, einzelne Teilaspekte des Urteils aufheben zu lassen. Aber nicht, weil gravierende Fehler beim Prozess in Salzburg passiert sind, sondern weil im einen oder andern Fall vielleicht das falsche Delikt angeklagt worden ist. Zum Beispiel könnte Amtsmissbrauch anstatt schweren Betrugs angeklagt worden sein. Das könnte bei Richterin Kornelia Ratz der Fall sein. Bei schwerem Betrug unter Ausnützung einer Amtsstellung wäre ein höherer Strafrahmen von bis zu 15 Jahren Haft anzunehmen.

Grundsätzlich gilt aber bei Gericht: solange ein Urteil nicht rechtskräftig ist, ist vom Freispruch bis zu einer Erhöhung der Strafe alles möglich.

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