Uraufführung für „Kaufmann von Venedig“

Bei den Bregenzer Festspielen hat Donnerstag André Tchaikowskys „Kaufmann von Venedig“ als Oper im Festspielhaus Premiere gefeiert. Das Stück entstand in den 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts, wurde aber noch nie aufgeführt. Das Publikum nahm die Oper mit wohlwollendem Applaus auf.

Der Applaus galt auch Regisseur Keith Warner, der nach seinem großen Erfolg mit „André Chénier“ (2011 und 2012) an den Bodensee zurück gekehrt ist und im Bühnenbild von Ashley Martin-Davis eine sehr stimmige szenische Umsetzung der komplexen Handlung vorlegte.

Weitere Aufführungen

Weitere Aufführungen sind für den 21. und 28 Juli, jeweils 11.00 Uhr, geplant.

Viel Applaus gab es auch für die Wiener Symphoniker unter der Leitung von Erik Nielsen, sowie für die Sänger - allen voran Staatsopern-Bariton Adrian Eröd in der Rolle des reichen Juden Shylock und Magdalena Anna Hofmann als gewitzte Portia.

Bei den Kritikern war von Lob bis Kritik für das werk alles vertreten, für Keith Warner gab es einhelliges Lob: „Kaufmann von Venedig“: Geteilte Kritiken.

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Video zur Uraufführung im Festspielhaus; zu sehen sind Thomas Rothschild (www.faustkultur), Elena Habermann (Neuer Merkur), Frederick Hanssen (Tagesspiegel Berlin); Beitrag von Ingrid Bertel, Alexander Roschanek, Reinhard Mohr, Daniel Mathis

Liebe und Geld, Gnade und Gesetz

William Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ ist ein Stück über Liebe und Geld, über Gnade und Gesetz. Die gleichnamige Oper des polnischen, nach Großbritannien ausgewanderten Komponisten und des Librettisten John O’Brien setzte die Reihe der Uraufführungen im Festspielhaus fort.

14 Jahre lang schrieb der Pianist und Komponist André Tchaikowsky an seiner einzigen Oper. Als Jude und Überlebender des Warschauer Ghettos hat sich Tchaikowsky ausgerechnet Shakespeares Kaufmann von Venedig als Stoff ausgesucht - jenes Theater-Stück, in welchem der jüdische Geldverleiher Shylock sich ein Pfund Fleisch aus dem Körper seines Schuldners Antonio ausbedingt.

Vier Szenen aus der Oper

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Szene 1: Antonio will sich von Shylock Geld leihen. Er will damit seinen Freund Bassanio unterstützen. Weil Antonio Shylock vorwirft, er sei ein Wucherer, will dieser keine Zinsen, nur Antonios Versprechen, dass er ihm, wenn er das Geld nicht zurückzahlen kann, ein Stück Fleisch nahe beim Herzen herausschneiden darf.
Szene 2: Shylocks Tochter Jessica liebt einen Christen. Sie flieht mit allem Bargeld und Juwelen aus dem Elternhaus.
Szene 3: Portia, eine junge reiche Gutsbesitzerin, wird von vielen Prinzen umworben. Antonio leiht Bassiano Geld, sodass dieser unter den zahlreichen Werbern eine Chance hat.
Szene 4: Antonio kann seine Schulden nicht zurückzahlen. Shylock wetzt schon das Messer. Da rettet Portia, verkleidet als Jurist, Antonio.

Hauoper Der Kaufmann von Venedig Hausoper

D. Mathis

Szene aus der Oper

Der Inhalt der Oper

Bassanio, ein junger Adeliger, möchte in Venedig zur Zeit der Renaissance der schönen Portia den Hof machen, doch fehlt ihm das Geld, um zu ihrem Landsitz zu reisen. Also bittet er den Kaufmann Antonio um Hilfe. Antonios Vermögen aber ist in Schiffshandelsgeschäften angelegt. Daher bietet er Bassanio an, die benötigte Summe vom jüdischen Geldverleiher Shylock zu besorgen. Doch Shylock ist über Antonio verärgert, weil dieser den Juden für gewöhnlich voller Verachtung behandelt, und fordert daher, dass – sollte die Schuld nicht binnen drei Monaten beglichen sein – der Preis dafür ein Pfund von Antonios eigenem Fleisch sein solle, ein bekanntes antisemitisches Gräuelmärchen.

Unter berühmtem Namen aus Ghetto geschleust

Tchaikowsky kam 1935 als Robert Andrzej Krauthammer in Warschau zur Welt. Mit Kriegsausbruch 1939 brachte man seine Familie ins Ghetto - doch seine Großmutter organisierte für den Jungen falsche Papiere mit dem Namen Andrzej Czajkowski, in Ahnlehnung an ihren Lieblingskomponisten Pjotr Iljitsch Tschaikowski. Sie schmuggelte ihn aus dem Ghetto und versteckte ihn jahrelang. Tchaikowsky , wie er sich später nannte, überlebte und machte sich als Konzertpianist und Komponist einen Namen.

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Video: Beitrag von Ingrid Bertel, Alexander Roschanek und Daniel Mathis über den „Kaufmann von Venedig“. Sie sehen Erik Nielsen, Musikalische Leitung, den „Shylock“ Adrian Eröd und „Portia“ Magdalena Anna Hofmann.

Pountney über das Stück

Für Intendant David Pountney eignet sich Shakespeares Kaufmann von Venedig hervorragend für ein Musiktheaterwerk. Das Werk beschreibe zwei entgegengesetzte Welten, von denen jede eine andere Art des musikalischen Ausdrucks erfordere, einerseits Venedig als männerdominierte Geschäftsstadt, andererseits Belmont als Ort der Frauen und der Musik. Gerade dieses Stück habe Tchaikowsky für seine einzige Oper gewählt. Das Stück hat für heutige Begriffe erschreckende antisemitische Elemnte. Tchaikowsky war Überlebender des Warschauer Ghettos, der Antisemitismus am eigenen Leib erfahren habe. Er habe, sagt der Intendant, beide kontrastierenden Milieus des Stücks mit erstaunlichem Geschick umgesetzt.

Der Kaufmann von Venedig von Shakespeare rücke weder Shylocks Judentum noch seinen Wucher ins Zentrum, sondern das erbarmungslose „Shylocksche Festklammern an den Buchstaben des Gesetzes”. Dieses blinde Bestehen auf Recht und Gesetz falle auf dem Höhepunkt der Handlung auf Shylock selbst zurück, schreiben Bregenzer Festspiele auf ihrer Webseite. Es sei „ein Stück über Liebe und Geld, über Gnade und Gesetz“.

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