Schuldebatte aus Sicht der Sozialwissenschaft

Sozialwissenschafter Kurt Greussing verfolgt seit Jahren die bildungspolitische Diskussion in Vorarlberg. Greussing begrüßt die offene Debatte über eine gemeinsame Schule ab Zehn und warnt vor ideologischen Scheuklappen in der Bildungsdebatte.

In der Bildungsdebatte gebe es keinen Grund sich zufrieden zurückzulehnen. Der Sozialwissenschafter Kurt Greussing begründet dies mit Zahlen. Zuviele Jugendliche brechen ihre Ausbildung ab. Zwischen 2008 und 2010 waren durchschnittlich neun Prozent der 16- bis 24-Jährigen in keiner Ausbildung, hatten keine Arbeit und waren auch in keinem Training des Arbeitsmarkt-Service.

Damit schaffen offenbar mehr junge Vorarlberger als andere Österreicher den Einstieg ins Berufsleben nicht. Im Samstag-Interview sagt Kurt Greussing, dass es so nicht weitergehen könne. Er habe die Hoffnung, dass sich tatsächlich etwas ändere.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Sozialwissenschafter Kurt Greussing im Samstaginterview von Radio Vorarlberg mit Jürgen Peschina.

„Eltern üben Druck auf Lehrer aus“

Im bisherigen System haben „sozial schwache“ Eltern die „dümmeren“ Kinder, formuliert Greussing provokant. Denn „sozial starke“ Eltern würden in der vierten Volksschulklasse häufig immensen Druck auf Lehrer ausüben, damit ihre Kinder „Einser“ bekämen und die Aufnahme ins Gymnasium schaffen. Die Kinder „sozial schwacher“ Eltern bleiben nach Ansicht des Sozialwissenschafters in diesem System zurück.

„Ablegen von Scheuklappen“

Greussing begrüßt die in den letzten Monaten in Vorarlberg offen geführte Debatte über eine mögliche Einführung der gemeinsamen Schule für Zehn- bis 14-Jährige. Dass sich die ÖVP bewege, sei ein Ablegen von ideologischen Scheuklappen. Das sei im Hinblick auf die schlechten Leistungen des Vorarlberger Bildungssystems auch dringend notwendig, so Greussing.

Greussing will nicht beurteilen, ob die im Landesbudget 2013 vorgesehene Erhöhung der Mittel für Frühpädagogik um zehn Prozent auf nun 45 Millionen Euro ausreichend sei. Klar sei, dass Sparen hier fehl am Platz wäre, so Greussing.