Testamentsaffäre: Republik haftet für Schaden

Der Oberste Gerichtshof hat in der Testamentsaffäre ein wegweisendes Urteil gefällt: Die Republik Österreich muss demnach teilweise für den Schaden aufkommmen, der zwei rechtmäßigen Erbinnen entstanden ist.

Der Hauptverdächtige in der Affäre, Jürgen H., habe im Fall zweier geprellter Erbinnen in seiner Funktion als Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn das Erbrechtsverfahren beeinflusst. Damit habe er sich entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtungen verhalten, der Bund hafte daher wegen dieser Verstöße, so das Erkenntnis.

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Im Video zu sehen: ORF-Redakteur Gernot Hämmerle; Beitrag von Gernot Hämmerle und Holger Weitze

Rechtsanwalt Klaus Fischer spricht von einem vollen Erfolg für seine beiden Mandantinnen. Diese bekommen nun nicht nur das ihnen entgangene Erbe zurück, sondern auch Verfahrens- und Anwaltskosten in Höhe von rund 100.000 Euro ersetzt.

Nicht gänzlich klar ist, was dieses Urteil für andere Fälle der Testamentsaffäre bedeutet - beispielsweise für Betrugsfälle, in denen andere Verurteilte die Hauptrolle gespielt haben. Hier muss wohl wieder in jedem Einzelfall das Gericht entscheiden.

Falsches Testament erstellt

Die zwei Dornbirnerinnen waren von ihrer Cousine im Jahr 1991 als Erbinnen eingesetzt worden. Als die Frau 2005 starb, tauchte jedoch ein Testament auf, mit dem die Fälscher, darunter Bedienstete des Bezirksgerichts Dornbirn, das Erbteil in Höhe von rund 38.000 Euro auf einen Strohmann umleitete. Als die rechtmäßigen Erbinnen die Echtheit dieses Letzten Willens anzweifelten und vor Gericht gingen, ließen die Fälscher das Dokument verschwinden und erstellten ein neues falsches Testament.

Kosten durch Manipulationen am BG entstanden

Mit Auffliegen der Malversationen am Bezirksgericht musste die Causa rückabgewickelt werden. Die beiden Frauen erhielten ihr Erbe zurück. Dadurch und durch den Gang vor Gericht angesichts des ersten falschen Testaments seien ihnen Verfahrens- und Anwaltskosten in Höhe von inzwischen fast 100.000 Euro entstanden. Diese Kosten seien nur aufgrund der Manipulationen am Bezirksgericht angefallen, so die Klagsseite. Die Finanzprokuratur als Vertreterin der Republik Österreich bestritt eine Amtshaftung. Der damalige Grundbuchspfleger und Geschäftsstellenleiter Jürgen H. hatte aus ihrer Sicht als Privatperson gehandelt und nicht in Ausübung seines Amtes.

Das Landesgericht Feldkirch als Erstgericht wies das Klagsbegehren zunächst ab. Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht sah die Haftung des Bundes jedoch dem Grunde nach als gegeben an. Der OGH schloss sich mit einigen Differenzierungen nun dem Berufungsgericht an.

Höhe des Schadens wird in weiteren Verfahren ermittelt

Der Bund muss nun für den Schaden der Erbinnen aufkommen, den sie während des Verlassenschaftsverfahrens aufgrund des weiteren gefälschten Testaments und der Fälschung im Urkundenverzeichnis erlitten. Zu jener Zeit sei Jürgen H. Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts gewesen und habe das Erbrechtsverfahren beeinflusst. Er habe damit „genau das Gegenteil seiner gesetzlichen Verpflichtungen, sich gesetzmäßig zu verhalten und Missstände zu beseitigen“ erfüllt. Und dafür hafte der Bund. Die Höhe des Schadens wird im weiteren Verfahren zu ermitteln sein.

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