HTL-Direktor tritt zurück: Akt gegen Reformstau

Gunter Berzler, Direktor der HTL Bregenz, und Schulabteilungsvorstand Heimo Breitenegger haben laut Wirtschaftspresseagentur ihr Rücktrittsgesuch eingereicht. Als Grund dafür nannten sie den Reformstau an Schulen.

An der HTL Bregenz, einer der wichtigsten technischen Ausbildungsstätten für Vorarlbergs Wirtschaft und Industrie gerade in den Bereichen Elektrotechnik und Maschinenbau, ist es zu einem im Schulsystem äußerst seltenen Schritt gekommen. Denn der langjährige Direktor Gunter Berzler und einer der beiden Abteilungsvorstände, Heimo Breitegger, haben vor zwei Tagen beim Landesschulrat Vorarlberg ihr Rücktrittsgesuch eingereicht. Diesbezügliche Informationen bestätigte Berzler auf Anfrage der Wirtschaftspresseagentur.com.

Berzler und Breitegger gelten in Wirtschaftskreisen als Vertreter einer engagierten Lehrerschaft, die das Schulsystem modernisieren wollen. „Es handelt sich dabei um einen demonstrativen Akt, wir beide werden der Schule bis auf Weiteres noch erhalten bleiben. Denn wir wollen die HTL Bregenz ja nicht zerstören, sondern auf die Probleme aufmerksam machen“, so Berzler.

„Sehen kein Licht mehr am Ende des Tunnels“

„Es geht hier um grundsätzliche Dinge, es geht um das Eingemachte. Die Zermürbungstaktik von Teilen der Lehrerschaft und der Schulverwaltung sowie der Politik haben jetzt dazu geführt, dass wir nicht mehr weiter können. Das ging nämlich schon an das Gesundheitliche“, so Berzler. Denn seit Jahren werde im österreichischen Schulsystem über Gott und die Welt diskutiert und „an der Oberfläche geplätschert“, während es gerade bei den eigentlichen Kernaufgaben im Tagesgeschäft an der Basis kein Fortkommen gebe. Da gehe es um so zentrale Fragen wie ein modernes Dienstrecht und ein angepasstes Besoldungssystem für Lehrer. Dazu komme, dass die Schule finanziell immer weiter beschnitten werde und man als Führungspersonal von der Verwaltung zu Einsparungen gezwungen werde. „Und wenn man dann ein neues System versucht umzusetzen, dann ist das auch nicht recht“, so Berzler. Deshalb habe man sich zu diesem Schritt entschieden. „Wir sehen kein Licht mehr am Ende des Tunnels, dass sich in diesem System in der Substanz noch irgendetwas ändern wird“, so Berzler.

Streit um Höchstschülerzahl in Werkstätten

Letzter Auslöser für das nunmehrige Rücktrittsgesuch sei der letztendlich torpedierte Versuch der Schulleitung gewesen, in der Werkstättenausbildung die Höchstzahl der Schüler etwas hinaufzusetzen, um schlussendlich auch die Sparvorgaben der Verwaltung erfüllen zu können. Die HTL Bregenz sei aufgrund ihrer Schwerpunktsetzung stark werkstättenorientiert in ihrer Ausbildung. „Seit Jahren wird zwar betont, wie wichtig technische Berufe und eine entsprechend fundierte Ausbildung sind. Doch dann streicht man uns die Jahreswochenstunden und die Unterrichtseinheiten pro Woche seit Jahren zusammen“, so Berzler.

Enge Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Industrie

Berzler ist seit 1979 an der HTL Bregenz tätig und seit 2003 Direktor. Die Schule zählt 850 Schüler und rund 100 Lehrpersonen. Die enge Zusammenarbeit mit der Vorarlberger Wirtschaft kommt nicht zuletzt im Kuratorium für die HTL Bregenz zum Ausdruck, in dem führende Industrie- und Wirtschaftsbetriebe sowie Interessenvertreter engagiert sind. Präsident dieses Kuratoriums ist Industriesprecher Christoph Hinteregger. Durch dieses Gremium als Bindeglied zur Wirtschaft gelang es der HTL Bregenz auch, an zusätzliche Geldmittel für die Ausbildung der Schüler zu gelangen.

Man habe an der HTL Bregenz bewiesen, dass man sich den Herausforderungen erfolgreich gestellt habe. „Wir haben eine sehr niedrige Dropout-Rate, den höchsten Schülerstand seit Jahren sowie die besten Schüler, auf die gleich mehrere Angebote aus der Privatwirtschaft warten, wenn sie fertig sind. Aber unser Problem ist einfach das Tagesgeschäft, in dem nichts weitergeht“, so Berzler. Ein Schulleiter sei zu 80 bis 90 Prozent mit reinen Administrationsaufgaben eingedeckt und könne sich um wirklich wichtige Bereiche kaum kümmern. Man werde seit Jahren finanziell beschnitten, die Lehrpläne werden gekürzt. „Da hat man dann als Direktor keinen Spielraum mehr“, so Berzler.

Hinteregger: „Reformstau wird unerträglich“

Industriesprecher und Kuratoriums-Präsident Christoph Hinteregger bezeichnete Berzler und Breitegger als „äußerst engagierte Führungskräfte an einer für Wirtschaft und Industrie äußerst wichtigen Bildungseinrichtung“. Der Rücktritt sei als pfeifendes Ventil an einem Kelomat zu sehen, der den Reformstau im Schulsystem darstelle. „Dieser Reformstau ist an dieser Schule wirklich unerträglich geworden. Berzler und Breitegger haben versucht, Reformen umzusetzen, aber sie sind an den Systemverharrern in der Lehrerschaft und der Schulverwaltung gescheitert“, so Hinteregger. Das sei für Wirtschaft und Industrie „sehr bitter“.

Kein Weiterkommen im Besoldungsrecht kritisiert

Die Ausbildung von Technikern sei für die regionale Wirtschaft sehr wichtig, so Hinteregger. Doch etwa beim damit zusammenhängenden Thema Besoldungsrecht gebe es kein Weiterkommen. „Ein HTL-Fachlehrer verdient soviel Geld, wie ein Lehrling in der Metallindustrie im vierten Lehrjahr. Da muss man sich nicht wundern, wenn einem die Leute ausgehen, die als Lehrer tätig sein wollen“, so Hinteregger. Neben den finanziellen Einbußen müsse man als Praktiker, der in die Ausbildung wechselt, auch noch jahrelange pädagogische Ausbildungen absolvieren, anstatt sein Wissen an die Schüler gleich weitergeben zu können. „Da sind einfach zu viele Schreibtischtäter im Schulsystem unterwegs, die nach wie vor nicht wissen, welche Bedürfnisse die Wirtschaft hat.“

FPÖ sieht hochtechnisierten Standort gefährdet

Der FPÖ-Abgeordnete Hubert Kinz sieht darin gar Vorarlberg als Standort von hochtechnisierter Industrie gefährdet. Die Verantwortlichen hätten sich unverzüglich an einen Tisch zu setzen, und die Missstände zu beseitigen.

Linhart spricht von einem herben Verlust

Der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart spricht angesichts des Rücktritts von HTL-Direktor Guntram Berzler von einem herben Verlust. Berzler sei ein Mann mit Weitsicht gewesen. Er habe die HTL-Bregenz dorthin gebracht, wo sie heute steht - es sei eine Schule mit sehr gutem Ruf. Linhart wolle sich nun im Sinne einer gute Lösung mit den entsprechenden Schulgremien zusammensetzen.