Studie über Integration von Migranten

Am Donnerstag sind erste Ergebnisse einer Studie zur „Integration der zweiten Generation von Zuwanderern“ vorgestellt worden. Unter anderem kam heraus, dass Kinder türkischer Eltern in Österreich weniger Bildungschancen haben als etwa in Schweden.

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Im Video zu sehen: Eva Grabherr (okay.zusammen leben), Philipp Schnell (Mitarbeiter der Studie); Beitrag von Georg Fabjan, Michael Gartner, Gernot Kutzer

Europaweit wird die Geschichte von Migrations- und damit verbundenen gesellschaftlichen Integrationsprozessen im Rahmen der TIES-Studie aufgearbeitet. TIES steht für „The Integration of the European Second Generation“ und ist ein internationales Forschungsprojekt zur Integration der zweiten Generation von Zuwanderern, an dem die Länder Belgien, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Österreich, Spanien, Schweiz und Schweden teilnehmen. Untersucht werden die Integrationsprozesse der zweiten Generation mit Eltern aus der Türkei, den Ländern des ehemaligen Jugoslawien und Marokko.

Forschungsschwerpunkt in Österreich sind das Bundesland Vorarlberg sowie die Städte Wien und Linz. Die ersten Ergebnisse der Vorarlberger TIES-Studie „Die Integration der zweiten Generation Europa“ wurden am Donnerstagnachmittag bei der achten Integrationskonferenz im Bregenzer Festspielhaus präsentiert.

Menschen türkischer Herkunft weniger gebildet

Ein Ergebnis der Studie ist, dass Menschen türkischer Herkunft, die in zweiter Generation in Vorarlberg leben, im Schnitt weniger gebildet sind als Menschen aus Ex-Jugoslawien. Während fast 80 Prozent der türkischen Eltern maximal eine Pflichtschule besucht haben, ist dieser Anteil bei den jugoslawischen Eltern mit gut 40 Prozent und zirka 20 Prozent bei den Eltern ohne Migrationshintergrund deutlich geringer.

Sowohl bei der Gruppe ohne Migrationshintergrund als auch bei der zweiten Generation ex-jugoslawischer Herkunft finden sich hingegen deutlich höhere Anteile von Eltern mit einer Form von Berufsausbildung als höchstem besuchten Schulniveau, während diese Ausbildungsmöglichkeiten in dieser Form in der Türkei nicht vorhanden waren. „Diese deutlich unterschiedlichen Bildungshintergründe aufgrund der unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen der Eltern müssen beim Vergleich der Bildungsabschlüsse der zweiten Generation und der gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund berücksichtigt werden“, sagen Eva Grabherr und Simon Burtscher-Mathis von der Projektstelle „okay.zusammen leben“.

Grabherr: „Bildung von Elternengagement abhängig“

Grabherr führt aus, dass Kinder türkischer Eltern in Schweden und Frankreich bessere Chancen auf eine höhere Bildung haben als in Österreich. Hier nämlich hänge der Bildungserfolg wesentlich vom Engagement der Eltern ab. Dem müsse gegengesteuert werden, so Grabherr. Man müsse sich fragen, ob man sich wirtschaftlich im europäischen Wettbewerb eine Gesellschaft leisten könne, die viele Talente im Bildungssystem nicht entsprechend entwickle. Das sei keine moralische Frage, betonte Grabherr, sondern eine Frage, „die wir uns als Gesellschaft aus Effizienzgründen stellen sollten“.

Ausbildungsniveau der Menschen zweiter Generation

Über das Bildungsniveau der Migranten zweiter Generation wurden folgende Ergebnisse ermittelt: 13 Prozent der Gruppe ohne Migrationshintergrund erreichen höchstens einen Pflichtschulabschluss, bei Menschen ex-jugoslawischer Herkunft sind das 28 Prozent und bei Menschen türkischer Herkunft 47 Prozent. Über eine berufsbildende Schule bzw. Lehre als höchsten Bildungsabschluss verfügen 56 Prozent ohne Migrationshintergrund, 62 Prozent der zweiten Generation ex-jugoslawischer Herkunft und 44 Prozent der zweiten Generation türkischer Herkunft.

Im Vergleich ist die Gruppe ohne Migrationshintergrund im oberen (Matura und Matura+), die Gruppe mit Migrationshintergrund im unteren Bildungssegment (Pflichtschule, Berufsausbildung) stärker vertreten. Während die Gruppe der zweiten Generation türkischer Herkunft im Pflichtschulbereich stark überrepräsentiert und in allen anderen Bereichen unterrepräsentiert ist, erreicht die zweite Generation ex-jugoslawischer Herkunft am häufigsten von allen drei Gruppen einen Abschluss im Bereich berufsbildende Schulen, Lehre und auch etwas häufiger eine Matura als die zweite Generation türkischer Herkunft.

Zunehmend qualifizierte Facharbeiter gesucht

Wurden früher in der Vorarlberger Industrie noch relativ viele ungelernte Arbeitskräfte gesucht, braucht der Wirtschaftsstandort Vorarlberg heute zunehmend qualifizierte Facharbeiter. Niedrige Bildungsabschlüsse sind deshalb gleichbedeutend mit schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Im Vergleich der drei Gruppen ist die zweite Generation türkischer Herkunft am stärksten davon betroffen.

Die stärkere Förderung von Chancengerechtigkeit im Bildungssystem, insbesondere von sozial schwächeren, bildungsfernen Gruppen unabhängig von ihrer familiären Herkunft, müsse deshalb ein zentrales gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Ziel der nächsten Jahre sein, fasst Eva Grabher zusammen.