Aktenklau: Anwalt schuldig gesprochen
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Video von elke Joham, Manfred Abel, Gernot Kutzer
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Gerichtsmitarbeiterin, die dem Anwalt die Akten zur Ansicht gegeben hatte, dem Angeklagten klar gesagt hätte, dass die Unterlagen am Gericht bleiben müssten, weil der zuständige Richter das so wolle. Auf die Frage hin, warum er die Unterlagen dennoch mitgenommen habe, fand der Beschuldigte am Mittwoch keine Antwort, die dem Gericht genügt hätte. Zumal er der Gerichtsmitarbeiterin im Herbst nichts davon gesagt hatte, dass er die Akten mitnehmen werde und das habe er wohl deshalb nicht getan, weil sie darauf bestanden hätte, dass die Akten im Gericht bleiben.
Die Höhe der Geldstrafe, umgerechnet etwa 106.566 Euro, erklärt sich aus der Höhe des Verdienstes des Anwalts. Er berechnet einen Stundensatz von 600 Franken. Die Hälfte davon muss er zahlen. Sein Verteidiger meldete volle Berufung an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Anwalt bekannte sich nicht schuldig
Gleich zu Beginn des Prozesses am Donnerstag bekannte sich der Angeklagte nicht schuldig und begründete ausführlich, warum er seiner Einschätzung nach, keine Urkundenunterdrückung begangen hat. Am 19. Oktober 2011 hat er die fraglichen Unterlagen aus dem Landgericht Vaduz mitgenommen. Unterlagen, die bei einer Hausdurchsuchung im Auftrag der österreichischen Justiz bei Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grassers Schweizer Treuhänder beschlagnahmt wurden und von denen sich die Wiener Korruptionsermittler Aufschluss über Grasser Auslandsgeldflüsse erhoffen. Vor allem wem die umstrittenen 500.000 Euro zuzurechnen sind, die Grasser für seine Schwiegermutter angelegt haben will. Was die Schwiegermutter zuletzt aber in einem Schreiben an das Finanzamt bestritten hatte.
„Unterlagen nicht als beschlagnahmt gegolten“
Genau an diesem 19. Oktober sei seiner Kanzlei eine Entscheidung des Liechtensteiner Obersten Gerichtshofs zugestellt worden, der zufolge Rechtshilfe für Österreich im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Grasser nicht möglich sei, da das dem Wirtschaftsprüfergeheimnis entgegensteht, so der Angeklagte. Aus diesem Grund hätten diese fraglichen Unterlagen gar nicht mehr als beschlagnahmt gegolten, so der Angeklagte. Ihm sei völlig klar gewesen, dass das Landgericht sie herausgeben müsse und deshalb habe er sie mitgenommen.
Den Beschuldigten hat aber die Zeugenaussage jener Gerichtsmitarbeiterin, die ihm die Akten zur Einsicht gebracht hat, in Bedrängnis gebracht. Die Frau sagte aus, sie habe dem Anwalt klar und deutlich gesagt, dass er die Unterlagen nicht mitnehmen dürfe. So habe die Anweisung des Landrichters gelautet. Von einer juristisch bindenden Anweisung des Richters könne man da nicht reden, meinte dagegen der Beschuldigte. Der Richter hätte allenfalls eine pragmatische Bitte geäußert, für den Fall eines neuerlichen Amtshilfeansuchens aus Österreich.
Fall für Liechtenstein brisant
Der Fall ist für den Kleinstaat Liechtenstein höchst brisant. Denn der angeklagte Anwalt, ist nicht nur bei Marxer & Partner, einer der ältesten Kanzleien des Fürstentums tätig, sondern auch stellvertretender Parlamentarier der Fortschrittlichen Bürgerpartei Liechtensteins, der auch die Liechtensteiner Justizministerin angehört. Außerdem ist der Beschuldigte auch noch Stiftungsvorstand bei einer Stiftung von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Die Anklage hatte dem Beschuldigten Urkundenunterdrückung vorgeworfen. Sie warf dem Anwalt vor, die entführten Akten erst sechs Wochen später an das Liechtensteiner Landgericht zurück gegeben zu haben.
Kanzlei Marxer & Partner bestritt Vorwurf
Ein Vorwurf, der von der Kanzlei Marxer & Partner heftig bestritten wurde. Sie argumentierte, dass man hier eine legitime Vorgangsweise des Kanzleipartners gesehen hätte und rechnete daher mit einem Freispruch.
Link:
- Buwog-Affäre: Anklage gegen Anwalt erhoben (vorarlberg.ORF.at; 12.4.2012)