Testamente: Erste Urteile diese Woche möglich

Im Testamentsfälscherprozess könnte es noch in dieser Woche die ersten Urteile geben. Das kündigte Richter Andreas Posch am Montag vor dem Landesgericht Salzburg an. Bereits am Vormittag gab es eine Überraschung: Der Hauptangeklagte erklärte, „bis auf weiteres“ keine Aussagen mehr zu machen.

Das Verfahren gegen drei geständige Angehörige von Jürgen H. könnte am Mittwochnachmittag zu einem Abschluss kommen, kündigte Richter Andreas Posch am Montagnachmittag an und sorgte damit für eine Überraschung. Es handelt sich dabei um einen 40-jährigen Verwandten sowie um eine 47-jährige Angehörige und die Schwägerin eines 49-jährigen Angehörigen des Hauptbeschuldigten.

Jürgen H. macht vorerst keine Angaben mehr

Für die erste Überraschung des Prozesstages hatte zuvor der Hauptangeklagte gesorgt. Nach über zwei Stunden Vernehmung bat er um eine Pause, da es ihm nicht gut gehe. Danach gab er bekannt, dass er „bis auf weiteres“ keine Aussagen mehr machen werde. Deshalb wurden im Anschluss die Protokolle der Polizeieinvernahmen von Jürgen H. verlesen. Nikolaus Stieger, der einen nicht geständigen Angeklagten vertritt, reagierte mit Kritik auf den Rückzug des Hauptangeklagten. Er könne ihn nun nicht befragen und habe somit nicht die Möglichkeit, Widersprüche aufzudecken, so Stieger.

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Audio: Anwalt Nikolaus Stieger im Gespräch mit ORF-Redakteur Bernhard Stadler.

Wenig konkrete Anworten

Bereits zu Beginn seiner Befragung sagte der Hauptangeklagte Jürgen H., er sei sehr nervös, er wisse nicht, ob er in der Lage sei, eine Aussage zu machen. Vorsitzender Andreas Posch wollte heute von ihm konkrete Antworten hören. Haben sich die mitangeklagten Mitarbeiter des BG Dornbirn, Kurt T., Clemens M. und Walter M., an dem Fälscher-System wissentlich beteiligt? War ihnen klar, dass Testamente illegal an Scheinerben umgeleitet wurden, ist darüber gesprochen worden? In einem Fall sei das so gewesen, antwortete Jürgen H.: „Ich habe zu Kurt T. gesagt: ‚Ich muss ein Testament nachträglich erfassen, damit es echt aussieht‘.“ Meist antwortete Jürgen H. aber mit „ich kann mich nicht erinnern, ich weiß es nicht mehr“.

Mitarbeiter sollen „gefälligerweise“ geholfen haben

Ob über das Thema „Testamentsfälschungen“ in einem Vieraugengespräch mit Clemens M. oder Kurt T. geredet worden sei, wisse er ebenfalls nicht mehr, sagte Jürgen H. nach längerem Zögern. Mehr war ihm nicht zu entlocken. Etwas später meinte er dann, seine Angaben in den polizeilichen Einvernahmen stimmten, wonach er gesagt habe, dass man gegenseitig nicht darüber geredet habe. Und es stimme, dass er Clemens M. und Kurt T. durch sein geschicktes Vorgehen zu Beitragshandlungen beigezogen hätte. „In einigen Fällen haben sie gewusst, was da abgeht, in einigen Fällen haben sie mir gefälligerweise geholfen.“ Es habe ja auch niemand über den Alkoholkonsum in der Kantine gesprochen.

Freund habe von illegalen Machenschaften gewusst

Die Initiative für die angeklagten Testamentsfälschungen sei von ihm selbst ausgegangen, schilderte der Hauptbeschuldigte. Er habe seinen mitangeklagten Freund Peter H. (48) eingeweiht und auch den im Jahr 2008 verstorbenen Vorarlberger Rechtsanwalt, „seine Begeisterung war groß“.

Peter H., bei dem die abgezweigten Vermögenswerte gehortet wurden, der Rechtsanwalt und seine mitangeklagten vier Angehörigen hätten mehr oder weniger über die illegalen Machenschaften gewusst. Es sei vereinbart gewesen, dass die Hälfte der „Beute“ Peter H. erhalte, weil er ja durch die Veranlagung der Vermögenswerte das größte Risiko getragen habe. 25 Prozent sollten er selbst und weitere 25 Prozent der verstorbene Rechtsanwalt bekommen, gab Jürgen H. Einblick in den Plan. Bei einem Fälschungs-Fall habe er schon zu Kurt T. gesagt, „da springt was raus“, erklärte der Hauptbeschuldigte.

Blanko-Unterschriften als Testamentszeuge gesetzt

Jürgen H. erzählte, wie er in das Fälschungs-System hineingeschlittert war. Er sei von seinem mittlerweile verstorbenen Vorgänger und auch von Walter M. gebeten worden, Blanko-Unterschriften als Testamentszeuge vor einem Kreuz setzen. Ob zum „Winkeln“ oder gar für Testamentsfälschungen, das wisse er nicht. Walter M. habe es zur Praxis gemacht, Leute vorab unterschreiben zu lassen. Er habe auch Gerichtsbedienstete zu Parteien nach Hause geschickt, um irgendwelche Unterschriften einzuholen.

Kurz nach seinem Eintritt beim BG Dornbirn sei er als 17-, 18-Jähriger aufgefordert worden, in den Beglaubigungsbüchern bei einem Kreuz zu unterschrieben. „Das Beglaubigungsbuch war nummeriert, aber an der Nummer war nichts eingetragen.“ So habe man später im Urkundenverzeichnis einen Vertrag rückwirkend eintragen können, verwies Jürgen H. auf offenbar frühere, illegale Machenschaften, die ihm zum Vorbild dienten.

Schwester: Von Fälschungen nichts gewusst

Am Montag beschäftigte sich das Landesgericht Salzburg zudem mit der Schwester des Hauptangeklagten. Die Frau ist prinzipiell geständig, von einem gefälschten Testament profitiert zu haben. Hauptkriterium für das Strafmaß ist allerdings, wie viel sie von den Fälschungen gewusst hat.

Sie selbst erklärte, sie habe nichts davon gewusst. Ihr Bruder habe ihr eine Geschichte erzählt, nach der sie ein Haus erben würde, das ihr schwer kranker Vater ihr sowieso vermachen wolle, sie bekomme es nur einfach früher. Sie habe ihrem Bruder bei der ganzen Sache einfach vertraut, erklärte die Frau. Das Haus befindet sich am Dornbirner Zanzenberg - Hintergrund dazu in Fall Hering-Marsal in Dornbirn.

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Audio: ORF-Redakteur Bernhard Stadler berichtet für Radio Vorarlberg vom Prozess in Salzburg

Fall für Fall wird aufgerollt

Insgesamt sechs der zehn Angeklagten, darunter der Hauptverdächtige Jürgen H., haben sich bislang für schuldig im Sinne der Anklage erklärt. Nun gehen Richter Andreas Posch und die Schöffen Fall für Fall einzeln durch, und die jeweils in den Betrugsfall involvierten Angeklagten einzeln befragen. Erster Fall war das Haus am Dornbirner Zanzenberg, das der Hauptangeklagte seiner Schwester vermachen wollte.

„Es wurde nie richtig überprüft“

Am Montagnachmittag wurden die Gerichtsmitarbeiter Kurt T. und Walter M. zu einer gefälschten Verlassenschaft befragt. T. stritt eine Beteiligung an der Manipulation ab, zu dem Fall habe er überhaupt keine Erinnerung. Er habe weder Eintragungen im Urkundenverzeichnis überklebt noch etwas darüber geschrieben.

„Überklebungen waren nicht so außergewöhnlich, dass ich eine Fälschung vermutet habe. Eine Revision hat sie auch nie beanstandet.“ Und Walter M., pensionierter Grundbuchs-Rechtspfleger, ließ mit dem Satz aufhorchen, dass Revisionen am Bezirksgericht Dornbirn „nicht nach der Regel“ vierteljährlich stattgefunden hätten, „es wurde nie richtig überprüft“.

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Video: „Vorarlberg heute“-Beitrag - Zusammenfassung vierter Prozesstag von ORF-Redakteur Gernot Hämmerle

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