„Wie viel Vater braucht ein Kind?"

Univ.-Prof. Dr. Josef Christian Aigner widmet sich in der ORF Radio Vorarlberg Sendung „Focus" der Rolle der Väter und der Auflösung der Geschlechterrollen und stellt die Frage: „Wie viel Vater braucht ein Kind?“

Sendehinweis:

  • „Focus“, 12.12.2015, 13.00 bis 14.00 Uhr, ORF Radio Vorarlberg
  • 17.12.2015, 21.00 bis 22.00 Uhr (WH), ORF Radio Vorarlberg

Da ist jemand außerhalb der Mutter-Kind Einheit. Die Männer sind ganz natürlich ohne Schwangerschaft vom Kind weiter weg, meint Aigner. Die Männer können jedoch als Dritte signalisieren, dass da noch jemand ist, der wichtig ist. „Eine sich nicht auflösende Mutter-Kind-Einheit ist auch etwas Gefährliches. Der Mann ist draußen“, betont Aigner.

Die Sendung zum Nachhören:

Der Vater, der Dritte, kann dieses Mutter-Kind-Paar stützen und unterstützen. Den Buben ermöglicht ein männlicher Part, ihm zu vermitteln, dass da einer ist, der ihm gleich ist. Die Mädchen wiederum haben jemanden, der körperlich anders ist als die Mutter.

Die wichtige Rolle des Männer

Auch im Spielverhalten in verschiedenen Kulturen spielen Männer eine wichtige Rolle. „Männer sind großräumiger und risikoreicher. Männer lassen mehr Risiko zu und sie seien auch im Umgang mit Säuglingen aktiver. Sie haben im Schnitt einen aufregenderen Körperkontakt, als es Frauen haben“, merkt Aigner an.

focus Josef Christian Aigner

Universität Innsbruck

Josef Christian Aigner

Buben würden von Vätern stärker gemaßregelt als Mädchen. Mädchen dürfen mehr. Wichtig ist auch die Feinfühligkeit des Vaters. Das ist bei den jungen Vätern wichtig. Das bedeute auch, ein angemessenes Verhalten einzufordern. Auch die geachtete Autorität ist nach Professor Aigner etwas ganz Wichtiges.

Vater und Mutter-Repräsentation

Mütter tun den Kindern nichts Gutes, wenn sie die Väter beim Kind schlechtmachen und umgekehrt, wenn die Väter die Mütter schlechtreden. Das Kind müsse auch lernen, in der Triade - im Dreiecksverhältnis - von Mutter-Vater-Kind nicht immer im Mittelpunkt zu stehen, sondern auch ausgeschlossen zu sein.

Egalitäre Familienstruktur: Sie bedeute, dass Familienmitglieder gleiche Wertbeziehungen haben und dass nicht ein Geschlecht oder eine Gruppe als besser und andere als höherrangig eingestuft werde, sagt Josef Christan Aigner.

Kinder aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften

Die Partner repräsentieren meist die gesellschaftstypischen Geschlechterrollen. Der eine Partner ist eher der fürsorgliche und häusliche, der andere der nach außen gewandte, der die traditionelle - eher männliche Rolle - einnimmt. Es gebe noch keine Langzeitstudieren solcher Partnerschaften zu den Auswirkungen für die Kinder, betont Aigner.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass diese Kinder immer auch Kontakte außerhalb des Partnerschaftsmodells und somit zu andersgeschlechtlichen Personen hätten, die ihnen eine väterliche Repräsentanz geben könnten. Wissenschaftlich könne man das Modell und dessen Auswirkungen auf Kinder nicht schlüssig behaupten, es bedürfe längerer Studien, in denen man den Lebensverlauf bis zur Adoleszenz verfolgen kann, merkt Aigner an.

Eigene Ambulanzen für Kinder

Aigner berichtet von eigenen Ambulanzen für Kinder, die über reproduktionsmedizinische Maßnahmen gezeugt und geboren wurden. Es müsse nichts mit der Reproduktionsmedizin zu tun haben, es könne auch der Kinderwunsch der Eltern hoch psychopathologisch sein. Das Kind habe ein vorrangiges Recht gegenüber dem Wunsch nach einem Kind von Eltern bis ins hohe Alter. Es gebe da viele pathogene Einflussfaktoren.

Leihmütter-Problematik

Aigner hält es für eine fragwürdige Geschichte, wenn eine bettelarme osteuropäische Eizellenspenderin gegen Geld das Kind zur Welt bringt. Da kämen viele sozialpsychologische Aspekte ins Spiel. Man weiß aus Forschungen vom frühesten Mutter-Kind-Dialog zwischen Fötus und Mutter. Die Mutter habe dann möglicherweise zu diesem Kind eine kühlere Haltung, als die biologische Mutter. Die Gesetzgebung müsse diese fragwürdigen Formen des Kinderwunsches berücksichtigen, meint Aigner.

ZUR PERSON:

Univ.-Prof. Dr. Josef Christian Aigner, Studium der Psychologie und Pädagogik an der Universität Salzburg. Promotion bei Igor A. Caruso. 1981 Förderungspreis zur „Pädagogik der Gegenwart“ des Verlags Jugend & Volk, Wien, für die Dissertation (über Identitätskrisen in der Adoleszenz). März 2000: Habilitation für Psychologie mit besonderer Berücksichtigung der Psychoanalyse an der Universität in Klagenfurt - im Herbst 2000 Ernennung zum Ao. Universitätsprofessor an der Universität Innsbruck.

Herbst 2000: Beauftragung als Koordinator des Wahlfachbereichs „Interdisziplinäre Sexualwissenschaft“ durch die Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck. Jänner 2005: Ernennung zum Fakultätsstudienleiter der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck. Oktober 2005: Berufung zum Ordentlichen Universitätsprofessor für Psychosoziale Arbeit/Psychoanalytische Pädagogik an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck.

LITERATUR:

Josef Christian Aigner(Hrsg.), Kinder brauchen Männer: Psychoanalytische, sozialpädagogische und erziehungs-wissenschaftliche Perspektiven. Psychosozial Verlag.

Josef Christian Aigner, Der ferne Vater: Zur Psychoanalyse von Vatererfahrung, männlicher Entwicklung und negativem Ödipuskomplex. Psychosozial Verlag.

MUSIK:

Federspiel live im Wiener Musikverein
Morsen LIVE

Unerhört BUMM
Baile de Morpheus
Federspiel