„Glückliche Scheidungskinder - gibt es die?“

Die Erziehungs-und Familienberaterin Monika Czernin spricht in der Sendung „Focus - Themen fürs Leben“ bei ORF Radio Vorarlberg über das Thema „Glückliche Scheidungskinder - gibt es die denn?“.

Was passiert mit meiner Tochter, fragte Monika Czernin, als ihre Ehe in die Brüche gegangen ist. „Es passiert nichts, wenn ihr es gut macht“, wurde ihr gesagt. Es gibt die Möglichkeit, dass Kinder nach einer Trennung der Eltern gleich glücklich aufwachsen wie andere, sagt Czernin. Die Antwort darauf formulierte sie vor zehn Jahren in dem mit dem Schweizer Kinderarzt Remo Largo herausgebrachten Buch „Glückliche Scheidungskinder - Worauf es bei der Trennung ankommt“.

Die Sendung zum Nachhören:

Monika Czernin

Monika Czernin

Monika Czernin

Kinder sollen im Mittelpunkt stehen

Das Buch sei damals als große Provokation aufgenommen worden. Jetzt würden viele Buchtitel Scheidung und glückliche Kinder in einen Zusammenhang bringen. Dass alle Scheidungskinder glücklich seien, könne nicht sein: „Sonst wären sie (das Publikum) nicht hier, wäre ich nicht hier, sonst bräuchte es die ganzen Berater und Mediatoren nicht“, sagt Monika Czernin bei ihrem Vortrag. Und setzt hinzu: „Scheidung/Trennung ist kein Tabu mehr, in jeder Klasse gibt es Scheidungskinder.“

Beide Elternteile sind für das Kind wichtig. Der andere Ehepartner soll nicht schlecht gemacht werden und es gehe immer mehr darum, die Kinder in den Mittelpunkt zu stellen.

21.000 Kinder pro Jahr von Scheidung betroffen

Eines hat sich nicht geändert: Die Scheidungsrate hat sich auf einem hohen Niveau eingependelt. Das gilt für alle Länder gleichermaßen. Um 1900 lag die Rate unter fünf Prozent, in den 1960er Jahren ist sie auf 15 bis 16 Prozent angestiegen, und hat sich jetzt bei 40-45 Prozent eingependelt. In Österreich sind es 47 Prozent.

21.000 Kinder werden im Jahr in Österreich zu Scheidungskindern. In Deutschland betrifft es 150.000 Kinder. „Da denken viele vielleicht, ob man das Rad zurückdrehen kann und ob das vielleicht doch noch einmal anders wird?“ Czernin verneint. Das werde sich nicht nach unten ändern, sondern die Scheidungsrate bleibe, aus verschiedenen Gründen, hoch.

Elternschaft ist unkündbar

Partnerschaft kann enden und tut das zu 50 Prozent, aber die Elternschaft ist unkündbar. Die Trennungszahlen bleiben hoch, die Alleinerzieherinnen werden mehr, die Lebensgemeinschaften werden mehr, aber die Zahl der klassisch-traditionellen Familien nimmt ab. Lebensgemeinschaften mit Kindern haben seit den 1980er Jahren um 300 Prozent zugenommen.

Der Alltag von Kindern sieht so aus, dass sie täglich zwischen ihren Eltern hin- und herpendeln. Manche zu gleichen Teilen zwischen den Eltern, manche am Wochenende, manche alle zwei Wochen. Das habe zur Folge, dass Scheidungskinder früher erwachsen werden, kompetent sind und auch gut mit Flexibilität umgehen können.

Scheidung ist Krise

Eine Scheidung ist eine Krise und da gibt es ganz viele Verunsicherungen. Dass Beziehungen wieder gut gelingen ist wichtig, auch dass Kinder aus der Krisenhaftigkeit des Scheidungsprozesses herauskommen ist von Bedeutung. Es gehe in jeder Familienform darum, die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen.

Am besten suchen die Eltern Hilfe für die Kinder, noch bevor sie sich trennen oder scheiden lassen. Sie verstehe diese Feststellung als Aufforderung an die Eltern, rechtzeitig Hilfe zu suchen, sagt Czernin.

Scheidung als große Herausforderung

Es müssen eine neue Wohnung und eine neue Schule gesucht werden. Das ist nicht selten mit massiven finanziellen Anforderungen verbunden. Das hat oft auch zur Folge, dass Väter oder Mütter mehr arbeiten müssten.

Die Trennung, die Wut, die Verlassenheit muss von den Erwachsenen bewältigt werden. In dieser herausfordernden Zeit brauchen nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen die ganze Kraft, eine noch bessere Betreuung und Aufmerksamkeit. Man sollte sich auch einen Personenkreis organisieren, der in der schwierigen Phase der Trennung den Kindern beistehen kann.

Zur Person

Monika Czernin, 1965 in Klagenfurt geboren, studierte Pädagogik, Politikwissenschaft, Philosophie und Publizistik in Wien und arbeitete schon während des Studiums für den österreichischen Rundfunk (Radio), später für das ORF-Fernsehen, u.a. im ORF-Büro in Berlin. Monika Czernin ist getrennt und lebt mit ihrer Tochter in München.

Literatur

Remo H. Largo und Monika Czernin, Glückliche Scheidungskinder: Was Kinder nach der Trennung brauchen. Piper Verlag.

Musik

CD* JACQUES LOUSSIER : BACH TO BACH
T* Toccata und Fuge für Orgel in d-moll BWV 565 / Bearbeitung f. Klavier, Schlagzeug und Baß

K: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
B: Jacques Loussier/Arrangement

CD* PULSION / SOUS LA MER
T* Pulsion/instr.
S: Jacques Loussier/Piano m.Begl.
S: Luc Heller/Percussion

K: Jacques Loussier/geb.1934

T* THE CLASSICAL JAZZ TRIO
A: The Classical Jazz Trio

K: Jonathan C. Starkey
V: Johann S. Bach
V: Invention Nr.13 a- Moll
V: Jacques Loussier